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Wolkenfülle

Vor ein paar Tagen habe ich Freunden geholfen, eine Rotbuchenhecke zu setzen. Der Nachmittag war schön und die gemeinsame Arbeit hat mir viel Freude gemacht. Es war kühl, sehr windig und ich war suboptimal dafür angezogen. Naja, und ich habe auch gemerkt, dass ich solche Arbeiten nicht mehr gewöhnt bin. Das hört sich jetzt ein bisschen nach jammern an und gerade da habe ich eine coole Erfahrung gemacht.

©Heike Stoff

Auf dem Nachhauseweg fiel mir der von dem starken Wind aufgewühlte Himmel auf.  Die Wolken hatten die unterschiedlichsten Größen und Formen, die Sonne strahlte durch den Wolkenteppich und der Wind blies heftig. Ich fand es mega schön und spannend. Ganz anders als ein strahlend blauer Himmel, an dem keine oder nur wenige Wolken sind. Klar, das hat auch seinen Reiz. Der Himmel gestern war voller Bewegung, Unberechenbarkeit, Abwechslung. Ich empfand es als spannend, herausfordernd und turbulent.

Und ich entdeckte eine Parallele zum Leben

Wenn ich in diesem turbulenten Frühlingswetter auf einmal so viel Spannung, Schönheit und Fülle entdecken kann, kann ich dies dann vielleicht auch auf die Turbulenzen in meinem Leben übertragen? Wenn es nach mir ginge, dann wäre alles in meinem Leben, was ich mir wünsche oder vornehme, mit einem strahlendblauen Sonnentag zu vergleichen. Alles einfach und leicht erreichbar. Das wäre vielleicht ganz cool, doch nun fange ich an, auch den anderen Wetterlagen etwas abzugewinnen. Vielleicht sind manche Dinge in meinem Leben turbulent, mit Umwegen oder Sackgassen versehen, weil es einfach zu einem abwechslungsreichen Leben dazugehört. So wie ein stürmischer Tag genauso dazugehört wie ein entspannter Sonnentag. Versteht mich richtig, ich freue mich über Sonnentage in meinem Leben. Nur bekomme ich gerade eine andere Sichtweise auf die stürmischen Tage. Als ich an dem Abend dann auf dem Sofa lag, hat es sich super angefühlt zu wissen, dass die Hecke fertig ist. Und ich habe gemerkt, dass ich einen Erfolg bei dessen Erreichung ich Gegenwind hatte, noch viel mehr genießen kann. Ich bin dankbar für diese Erfahrung.

Autopilot

Vor meinem Bürofenster wird gerade die Außenanlage des neuen Nachbargebäudes errichtet. Eine fröhliche und schnelle Truppe von Arbeitern legt dort Wege an. Gestern Morgen, wir befinden uns in der absoluten Hochsommerphase, ertönte um 7.00 ein laut gepfiffenes Weihnachtslied. Es hat nur kurz für Abkühlung in mir gesorgt.

Einer der Arbeiter transportierte Kies mit einem sehr kleinen Bagger dorthin, wo gerade gepflastert wurde. Er saß im Bagger, schaute intensiv auf sein Handy und der Bagger rollte langsam auf den Kiesberg zu. Genau im richtigen Augenblick schaute er hoch und stoppte. Das Ganze wiederholte sich mehrfach. Anfangs dachte ich, er hätte ein Navi auf dem Handy, das kam mir dann doch zu verwegen vor.

Die Wiederholung des gleichen Vorganges und der Eindruck, dass der Bagger wie an einer Schnur gezogen fuhr, brachte ein Wort in meinen Sinn. Autopilot.

Und was hat das mit mir zu tun?

Abends hatte ich eine Erfahrung, in der es mir gelang, meinen eigenen Autopiloten gerade noch rechtzeitig zu stoppen. Nein, ich bin nicht mit dem Handy vor der Nase Auto gefahren. Es war eine Reaktion in einem anderen Zusammenhang. Jemand teilte mir mit, dass sie eine andere Person nicht erreichen kann und schwupp, wollte ich mich darum kümmern.

Warum sollte ich die Person erreichen, wenn jemand Anders es nicht schafft, obwohl wir die gleichen Kontaktdaten haben.???...ich könnte jetzt auch über meinen scheinbaren Größenwahn schreiben….ein anderes Mal….vielleicht…..

Also ließ ich es sein und frage mich, wie oft ich automatisch auf Situationen reagiere, obwohl ich gar nicht dafür zuständig bin. Wie oft höre ich ein „Kümmere Du Dich mal“, obwohl es gar nicht ausgesprochen wurde. Und wie oft mische ich mich so in Angelegenheiten, die mich gar nicht betreffen…..und hole mir dann völlig überraschend eine blutige Nase, eine Enttäuschung oder ähnliches ab.

Im Gegensatz zu dem Bagger bin ich meist mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs. Also bedarf es besonders viel Achtsamkeit, meinen Autopiloten zu bemerken. Und auszuschalten. Das wird spannend. Wie viel Energie und Zeit frei wird, wenn ich aufhöre, mich mit Dingen zu beschäftigen, um die ich mich gar nicht kümmern muss oder soll. Energie und Zeit, die ich dann in die Themen einbringen kann, die für mich wichtig und interessant sind.

Spielführer des eigenen Lebens

Vor vierzehn Tagen hatte ich einen wichtigen Termin in einer Angelegenheit, um die ich mich bisher nur mit großem Widerwillen kümmere. Der Termin verlief überraschend positiv und ich habe mich sehr gefreut. Am nächsten Tag kam eine Nachricht dazu und meine Freude war dahin. Dabei war die Info neutral, doch hat sie in mir einen Punkt berührt, der Angst, Sorge und Unbehagen ausgelöste. Theoretisch weiß ich ja alles: Das unbehagliche Gefühl wollte ich natürlich nicht fühlen und habe es verdrängt. Die Sorgen ließ ich zu, weil ich das Kopfkino nicht unterbrochen habe. Als Mentaltrainerin ist mir das alles klar und ich weiß auch, wie ich damit umzugehen habe…..theoretisch. Aber ich bin ja hier, um zu lernen. Vor allem, um zu lernen, dass ich nicht perfekt bin und meine Selbsterkenntnisse schon mal etwas Zeit brauchen.

Diese Angelegenheit erzeugt in mir großen Widerstand. Und ich habe dazu (bisher) keine Lust und würde viel lieber etwas anderes machen. Weil ich durch diese Angelegenheit mit meinen Ängsten und Gefühlen in Kontakt komme. Und denen will ich viel lieber ausweichen.

WM 1982, Deutschland vs. Österreich: Ein frühes Tor für Deutschland und mit diesem Spielstand konnten beide Mannschaften in die nächste Runde kommen. Also haben sich die Spieler 80 Minuten lang den Ball hin und her geschoben. So geht es mir gerade auch. Aus Angst davor, mich der Situation, den Ängsten und Gefühlen zu stellen, schiebe ich den Ball ein bisschen hin und her. Das Ganze ist kraft- und freudlos und so gewinnt man keine Spiele. Das ist Spielverzögerung.

In dem Reiseführer meiner Lebens-und Seelenreise steht (wenn ich ihn geschrieben habe): „Die Energie folgt der Aufmerksamkeit“. Solange ich nur ein bisschen mit dem Ball herumtänzle, wird das nichts. Jetzt endlich entscheide ich mich, mich auf das Spiel einzulassen und zu konzentrieren, es spielen und gewinnen zu wollen und das Team zu führen.  Dann ist sofort eine ganz andere Energie im Spiel. Ich bin mir sicher, dass es dann erfolgreich sein wird, Spaß macht und wirklich etwas in Fluss kommt. Und ich weiche meinen Mit- und Gegenspielern nicht mehr aus, weil ich Angst habe, dass es mal heiß her geht, ich vielleicht auch mal gefoult werde oder ein unerwarteter Spielzug kommt. Und ich weiß, dass ich dann mit Ängsten und Gefühlen in Kontakt komme. Aber sie kommen doch sowieso immer wieder hoch. Also kann ich auch mitspielen, statt auf der Ersatzbank zu sitzen….Dazu in einem anderen Artikel später mehr…

Spielführer

Und es wird mich mit Lebendigkeit, Freiheit und Stolz erfüllen, wenn ich aufhöre zu tänzeln und stattdessen Spielführer werde. Spielführer in dieser Angelegenheit und Spielführer meiner Seelen-Lebensreise.

Und auch das Spiel verdient Achtung und Aufmerksamkeit. Vielleicht ist meine Angelegenheit eine der Zitronen, die das Leben liefert. Ich kann einfach hineinbeißen, alles zieht sich zusammen und ich fühle mich mies. Oder ich bringe der Zitrone Respekt und Aufmerksamkeit entgegen. Dann kann die berühmte Limonade daraus werden. Zitrone, Fußballspiel oder Angelegenheit: Das Leben hat es für mich ausgesucht und allein deshalb verdient es meinen Respekt.

Angekommen!
Angekommen!